01 Jan 2014

Realitätsferne Berufswünsche? Die Berufsorientierung von Jugendlichen im Übergangssystem

Trotz rückläufiger Schülerzahlen ist das so genannte Übergangssystem – die dritte Säule des deutschen Berufsbildungssystems (Konsortium Bildungsberichterstattung 2006: 79) – nach wie vor ein bedeutender Teil des beruflichen Bildungssystems. Im Jahr 2011 mündeten 294.294 junge Menschen in die dort angebotenen Bildungsgänge ein, welche im Gegensatz zu den Angeboten in den anderen Bereichen des Berufsbildungssystems zu keinem anerkannten Ausbildungsabschluss führen (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2012: 102). Im Gegenteil sollen die Bildungsangebote des Übergangssystems – je nach Zielsetzung – den Jugendlichen die Möglichkeit bieten ihren Schulabschluss nachzuholen, oder zu verbessern, eine berufliche Grundbildung zu erwerben und sie schließlich auch vor Arbeitslosigkeit schützen. Diese drei Funktionen führen immer wieder zu grundlegender Kritik am Übergangssystem, wobei auch diskutiert wird, inwiefern diese Zielsetzungen durch die Bildungsangebote realisiert werden (Euler 2009; Greinert 2008; Rahn 2005). Wenig beachtet wird dabei jedoch, welche Effekte der Aufenthalt im Übergangssystem auf die Schülerinnen und Schüler hat. Mit Hilfe von Untersuchungsdesigns, die – nicht nur in diesem Bereich des Bildungssystems – allzu oft auf einen Querschnitt beschränkt sind, lässt sich diese Frage nicht beantworten.

Im Rahmen unserer Studie „Wandel der Berufsorientierung von Schülerinnen und Schülern im Übergangssystem“, die an der Universität Münster in Kooperation mit einem kleinstädtischen Berufskolleg in Nordrhein-Westfalen durchgeführt wurde, gehen wir über eine Querschnittsbetrachtung mittels eines Paneldesigns hinaus. An dieser Stelle wenden wir uns der Frage zu, wie sich die Berufsorientierung der Jugendlichen im Übergangssystem im Schuljahresverlauf gestaltet. Auf diese Weise kann gezeigt werden, welche Auswirkungen ein Aufenthalt im Übergangssystem auf die Berufswünsche der Jugendlichen im Verlauf eines Schuljahres hat. Dies ermöglicht herauszuarbeiten, welche Faktoren den Berufsorientierungsprozess beeinflussen und welchen Wandlungen diese in dem kurzen Zeitraum eines Schuljahres unterliegen. Dabei folgen wir einem institutionellen Bildungsverständnis und unterscheiden in Abhängigkeit der Übereinstimmung der Berufswünsche der Befragten mit dem Schwerpunkt des Bildungsgangs zwei Gruppen von Schülerinnen und Schülern.

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